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wieder gehen lernen nach schädel-hirn-verletzung

© Privataufnahme 2021 . Nach 15 Jahren Schmerzen, Trauer und Isolation phasenweise zurück im eigenen Leben.
© Privataufnahme 2021 . Nach 15 Jahren Schmerzen, Trauer und Isolation phasenweise zurück im eigenen Leben.

Ich heisse Katrin, bin 56 Jahre und habe am 19. Januar 2006 einen grauenvollen Unfall in der Telekom AG in Darmstadt überlebt.

 

Das kriminelle Agieren der Telekom AG bereits vor, unmittelbar nach dem Unfall und über Jahre später hat dazu geführt, dass schwere Verletzungen bis heute medizinisch nicht behandelt und versorgt werden. In Folge dessen bin ich zum Pflegefall geworden. Bis vor kurzem noch für fast jeden Handgriff auf Hilfe angewiesen.

 

Heute – 16 Jahre nach dem Unfall versuche ich, wieder so gut wie möglich auf meinen eigenen Beinen zu stehen und mein Leben so weit wie möglich in Eigenverantwortung zu leben. Ein Thema, dass mich für weiteres Leben begleiten wird.

über wgl

Neben persönlichen Erfahrungen gibt die Homepage fachliche Tipps und Informationen, wenn die Folgen einer Erkrankung, eines Unfalls oder eines anderen Geschehens zur Gehunfähigkeit und/oder zum Verlust anderer (Körper)-Funktionen geführt haben. Es kann Wege zurück aus diesem oftmals traumatischen Zustand geben.

 

Wenn Restfunktionen relevanter Nerven bestehen und der unbedingte Wille vorhanden ist, sich selbst wieder in Gang bringen zu wollen, kann Gehen kann neu gelernt werden – trotzt Hemiparese, Fussheberparese und anderen Verletzungen die das Gehen oftmals unmöglich machen.

 

Es braucht Zeit, Ausdauer und einen positiven Umgang mit vermeintlichen Rückschritten. Auch ein guter Umgang mit sich selbst ist wichtig. Sich verzeihen können, wenn eine Übung, eine Bewegung nicht auf Anhieb funktioniert oder Arme und Beine nach jahrelangem Üben wieder einmal den „Dienst“ verwehren.

Für wen ist Wieder Gehen lernen?

ZIELGRUPPEN sind

Menschen mit:

 

  • Schädel-Hirn-Verletzungen. Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
  • Hirnblutungen, Schlaganfälle
  • Nervenverletzungen oder -Erkrankungen (MS)
  • Verletzungen oder Erkrankungen der Wirbelsäule
  • Peroneus-(Fussheber) Verletzungen
  • Paresen (Lähmungen)
  • Schweren Traumatisierungen (physisch und psychisch)
  • Angehörige von Betroffenen und am Thema Interessierte
  • Förderer und Menschen, die dieses Projekt unterstützen möchten
  • Therapeut*innen und Ärzt*innen, die nicht an ihrem eigenem Ego ersticken und stattdessen an einem Austausch mit Betroffenen auf Augenhöhe Interesse haben.

❣️Achtung! Menschen mit schweren psychischen Traumatisierungen könnten durch den nachfolgenden Text getriggert werden! Bitte schätzen sie vor dem Weiterlesen ihr psychisches Befinden ein❣️

Am 19. Januar 2006 stürzte in den Räumen der Telekom AG in Darmstadt aufgrund eines schweren Baumangels eine tonnenschwere Wand ein und begrub mich unter sich. Die Verletzungen daraus waren:

 

  • Schädel-Hirn-Trauma (SHT),
  • epidurale und subdurale Hirnblutungen,
  • Rückenmarksverletzungen der Hals-, der Brust und der Lendenwirbelsäule, 
  • Hemiparese der linken Körperhälfte,
  • Fussheberparese des linken Beines,
  • schwere physische und psychische Traumatisierung.

Für die Telekom AG war …nichts (weiter) passiert… Die jahrelange Kommunikation der Telekom AG lautete:

 

"Es ist nur ein Brett umgefallen"

 

Telekom AG 2006 bis 2010


Dieses "Brett" hatte ein Gewicht von mindestens einer Tonne (eintausend Kilogramm), eine Höhe von 3,23 Meter und eine Länge von 8,11 Meter. Diese Angaben hat die Telekom ebenso in ihren Ausführen "vergessen" wie die Meldung des Unfalls an zuständige Behörden, Institutionen sowie die an die Polizei.

in anderen ländern nennt man das mafia

Über viele Monate und Jahre hat die Telekom AG „vergessen“, den Unfall an zuständige Behörden wie Unfallversicherung, Amt für Arbeitssicherheit und Polizei zu melden. Den am Unfall anwesenden circa 20 MitarbeiterInnen wurde verboten, über den Unfall zu sprechen.

 

Für den Fall eines Verstosses gegen das abstruse Telekom-Verbot wurde mit Kündigung und weiteren Massnahmen gedroht.

grobe baumängel und kriminelles agieren

Jegliche Form von Hilfe oder Unterstützung wurde von der Telekom AG verweigert. Stattdessen wurde gedroht, geleugnet und gelogen. 2010 – vier Jahre nach dem Unfall und nach permanenten Druck meinerseits hat die Staatsanwaltschaft

ERFAHRUNGEN WEITERGEBEN

In den vergangenen 16 Jahren habe ich jede noch so kleine Form von Unterstützung aufgesagt wie ein Schwamm. So viel wie möglich habe ich mich über die erlittenen Verletzungen informiert. Mein Ziel war von Beginn an, wieder gehen zu können. Dass ich eines Tages auch wieder fast autark mein Leben leben und geniessen kann - das konnte ich mir nicht vorstellen. 

 

Un doch habe ich dies geschafft. Gegen viele Widerstände, trotzt schwerer Verletzungen. Viele Menschen haben mich auf meinem Weg zurück ins Leben begleitet. Manche von ihnen nur für einen kurzen Moment, manche über längere Zeit.

 

Jede Begegnung hat mich weiter gebracht. Auch die unangenehmen Erfahrungen. Mitunter haben diese mehr bewirkt als eine freundliche Begegnung. So wie die Re-Traumatisierung 2013 durch einen Mitarbeiter der Hannelore -Kohl-Stiftung.

 

Eine Stiftung die entsprechend eigener Definition Menschen mit Hirnverletzungen hilft. Ich musste leider das Gegenteil erleben. Eine Erfahrung von vielen.

Schritt für Schritt - Wieder gehen und leben lernen

Seit 2006 habe ich gelernt, mit schweren Verletzungen und intensiven Einschränkungen umzugehen und weiterzuleben. Die verweigerte medizinische Versorgung hat diesen Prozess sehr erschwert und tut es auch heute noch. Doch sie konnte mich nicht davon abhalten, wieder zurück ins Leben zu finden. Schritt für Schritt. 

Persönliche Grenzen wahrnehmen und respektieren

Auch wenn ich oft an meine Grenzen gekommen bin, haben die unzähligen Widerstände und Rückschläge mich letztendlich stärker gemacht. Ich kenne heute meine persönlichen und gesundheitlichen Grenzen und achte akribisch darauf, dass diese nicht überschritten werden. Weder von mir selbst und schon garnicht von Dritten, wie aok, Pflegediensten und anderen Institutionen, hinter denen immer Personen oder Leute und leider zu selten Menschen stehen.

Vielleicht war das Dramatische großes Glück und Lebensretterin

Lange habe ich gehadert mit der Erfahrung, bereits am Unfalltag nicht die medizinische Versorgung erhalten zu haben, die es gebraucht hätte. Dass man mich trotzt der schweren Verletzungen nicht in der Klinik (Städtisches Klinikum Darmstadt) aufgenommen hat. Stattdessen wurde ich mit einer Salbe Voltaren nach Hause geschickt.

Vom Glück im Unglück

Durch die fehlende medizinische Versorgung hatte ich die Möglichkeit wieder gehen und neu leben zu lernen, ohne Halbwissen durch vermeintliche Expert*innen die, verkleidet in einem weissen Kittel an ihrem eigenen Ego zu ersticken drohen - nur meiner Intuition und meinen körperlichen Fähigkeiten folgend.

Persönliches Glück niemals abhängig machen von anderen

Heute, im September 2021 fühle ich mich wieder angekommen in meinem Leben, auch wenn alles anders und schwerer ist als vor dem Unfall. Mein wichtigstes Lebenskriterium besteht darin, so gut und schmerzfrei wie möglich durch jeden einzelnen Tag zu kommen und jeden Moment mit meinen Möglichkeiten zu geniessen.

Trotzt der vielen Einschränkungen und immer noch existierenden Widerstände fühle ich mich stark und meistens auch handlungsfähig.

der weg zurück - lebenslanger lernprozess

Noch immer gibt es Phasen in denen ich teils wochen- oder monatelang gehunfähig bin. Schmerzbedingt oder weil die Kraft nicht reicht, den neu erlernten Gehprozess gedanklich abzurufen und mit Hilfe des WALK AIDE umzusetzen. 

Dann bleibt nur Warten auf Nachlassen der Schmerzen und wiedererlangen der Fähigkeit, mit Hilfe von Gedanken und Maschine (WALK AIDE) wieder gehen zu können.

immer an sich selbst glauben

Ärzte,  die mich Monate nach dem schweren Unfall an der Halswirbelsäule operiert haben, hatten mir eine "Karriere" im Rollstuhl vorhergesagt. Eine Karriere, die ich nie annehmen wollte. Ich wollte wieder gehen können. Ich wollte wieder zurück in mein Leben vor dem Unfall. Diese Gedanken waren so fest in mir verankert, dass weder die demotivierenden Aussagen der Ärzte und später auch die von verschiedenen (Physio)-Therapeutinnen an mich heran gelassen habe. Ich wusste, ich würde irgendwann wieder gehen können. 

 

Heute, im Sommer 2021 stehe ich wieder auf meinen Beinen, kann phasenweise wieder gehen und Rad fahren. Jedesmal wieder unbeschreibliche Glücksgefühle und Momente, die all das Schwere vergessen lassen.

behindert sein und behindert werden

Eine bittere Erkenntnis ist, dass die größte Behinderung durch andere Personen und Institutionen zugefügt werden - nicht selten vorsätzlich. Krankenkasse, Ärzt*innen, Anwäl*:innen, Therapeut*innen, Heilpraktiker*innen, Pflegedienste.

 

Jede:r trägt dazu bei, dass ein Zurückfinden in ein wieder lebbares Leben kaum möglich ist. Manchmal geschieht dies unbewusst und ungewollt. Doch leider viel zu häufig geschieht es wissentlich und vorsätzlich. Krotesk erscheinen jene Institutionen, die von Berufs wegen vorgeben helfen zu wollen und mit dem was sie tun oder auch nicht tun genau das Gegenteil erreichen.

 

Ohne die vielen Einschränkungen durch o.g. Institutionen und Personen wäre nicht nur die Heilung körperlicher Verletzungen schneller möglich, auch das psychische Genesen wäre machbar.

 

In den vergangenen knapp sechzehn Jahren hat sich eine lange Liste angesammelt mit Be- und Verhindere:innen. Diese möchte ich ebenso wie all jene Menschen die mir geholfen haben - manchmal nur durch ein paar empathische Worte, hier abbilden. Die Seite wird demnächst eingefügt.

Privataufnahme 2011. Noch mit ToeOff-Orthese - jeder Schritt eine Qual
Privataufnahme 2011. Noch mit ToeOff-Orthese - jeder Schritt eine Qual
Privataufnahme 2013. Mit dem WALK AIDE* auf dem Weg zurück zum Gehen
Privataufnahme 2013. Mit dem WALK AIDE* auf dem Weg zurück zum Gehen

(M)ein anderes Leben

Ein paar Minuten haben alles verändert

Am 19. Januar 2006 gegen 14:20 Uhr stürzte in der Telekom AG in Darmstadt eine tonnenschwere Wand von einem Moment auf den nächsten ein. Mit vielen anderen Kolleginnen sass ich an diesem Nachmittag während eines Teammeetings mit dem Rücken vor dieser Wand.

 

Mit voller Wucht schlug mir die Wand zunächst auf den Kopf und die rechte Schulter, danach schlug sie auf meinem gesamten Rücken und begrub mich für längere Zeit unter sich.

 

Der Moment bevor die Wand auf meinen Kopf traf, ging einher mit der Gewissheit sterben zu müssen. Jahrelang war ich fest davon überzeugt, tot zu sein.

Verstärkt wurde diese Wahrnehmung durch das Agieren der Telekom AG. Allen am Unfall Anwesenden wurde verboten, miteinander über den Unfall zu sprechen. Auch mit Angehörigen oder Freunden durfte nicht über den Wandeinsturz gesprochen werden.. Die Androhung der Kündigung war noch die freundlichste Konsequenz.

 

Dieses "Erlebnis" war zutiefst verstörend, die körperlichen und psychischen Verletzungen waren und sind gravierend.

Verstörender als alle Verletzungen jedoch waren die Aussagen und das Agieren der Telekom AG. Für diesen Globalplayer war nichts weiter passiert (Originalzitat).

 

Aus der tonnenschweren Wand wurde noch am Unfalltag beim Rufen des Rettungswagens ein Brett gemacht.

"Es ist nichts weiter passiert" - Die verletzungen daraus

Webseite wieder gehen lernen. wgl. Startseite. Grafik Gehirn und seine Funktionen
Abbildung Gehirn mit zentralen Bereichen und wichtige Aufgaben

 

Die Verletzungen aus dem "...es ist nichts weiter passiert..." der Telekom AG sind gravierend und werden mich bis zu meinem Lebensende begleiten. Bei dem ersten Aufprall ist die Wand ist im Bereich von Vorstellungsvermögen, Raumorientierung und Sehzentrum aufgeschlagen. Das Gehirn ist dann im Schädel im Bereich des Sprachzentrums gegen die Schädeldecke geprallt. 

 

Die Folgen waren extreme Erinnerungsstörungen. Ich wusste meinen Namen und die Namen von nächsten Angehörigen und von Freunden nicht mehr. Starke Seh- und Sprachstörungen waren weitere erschreckende Erscheinungen. Damals wusste ich die Gründe für diese Ausfallerscheinungen noch nicht. Dieses Unwissen hat zusätzliche Ängste angetrieben. 

 

Über die Jahre sind diese Einschränkungen besser, doch immer noch nicht gut geworden. Noch immer sind sie alltagseinschränkend. Meinen Namen weiss ich wieder, die Namen von Freund:innen muss ich mir nicht mehr merken, die Zeit hat sie hinweggespült.

 

In meinen Erinnerungen kommt vieles nur in Fragmenten vor.  An die Zeit vor dem Unfall fehlt noch immer jede Erinnerung. Ich weiss nicht mehr, wie die Tage und Wochen vor dem Unfall inhaltlich waren. Ich weiss wo und mit wem ich gelebt habe, ich weiss wo und als was ich gearbeitet habe. Doch ich weiss nicht mehr, was ich, ausser im Büro gewesen zu sein, sonst in dieses Tagen und Wochen getan habe. Ein sehr befremdliches Gefühl.


ohne medizinische behandlung und versorgung wieder gehen und leben gelernt

Der Grossteil der Unfallverletzungen ist weder medizinisch erstversorgt oder zu einem späteren Zeitpunkt behandelt worden. Vielleicht sollte es so sein und es war Glück, dass die Hirnblutungen und Verletzungen der Wirbelsäule nicht operiert wurden. 

 

Ich wünsche mir meine Lebenszeit möge ausreichen, wieder Menschen kennenzulernen mit denen Freundschaften möglich sind, wieder Teil der Gesellschaft sein zu können, geplante Vorhaben realisieren zu können, wieder reisen zu können und mich mit meinen Möglichkeiten einbringen zu können in das grosse Ganze. 

 

Bleiben oder werden Sie gesund.

 

Katrin, im April 2021